Die volle und die leere Welt
Was hat Isaac Newton mit den letzten Ureinwohnern von Borneo zu tun? Was verbindet die Missionsreisen des Bonifatius mit dem Global Positioning System? Was unterscheidet eine lebendige Kultur von einer Ansammlung von Kulturgütern? Wann und wo verlernen Menschen das, was sie als Kinder noch konnten? Und warum? Was haben diese Fragen miteinander zu tun?
Die in diesem Band versammelten Essays kreisen alle um die Schattenseiten einer Zivilisation, die global als Bringerin von Licht, Wohlstand und Freiheit inszeniert wird.
In knappen, pointierten Texten demontiert der Autor scheinbare Selbstverständlichkeiten von Wissenschaft, technischem Weltbeherrschungsanspruch, Kulturproduktion, Schulwesen und von einem Wirtschaftssystem, das zunehmend totalitäre Züge trägt.
Dabei werden die Umrisse einer Zivilisation sichtbar,
- in der immer mehr gemessen wird und immer weniger erkannt („Die andere Seite“)
- die totale Kontrolle anstrebt und Amok produziert („Der Taubenring“)
- die Werte akkumuliert und Beziehungen zerstört („Relevanz oder Was ist Kultur?“)
- die im Raum expandiert und geistig implodiert („Raum und Gedächtnis“)
- die große Teile der Bevölkerung radikal entmündigt („Die Pistole“)
- in der die Menschen einander unsichtbar werden.
Mit jeder Demontage werden aber auch Risse in dem scheinbar hermetischen Gebäude erkennbar, Atemöffnungen, Blicke ins Freie.
Die Demontagen werden interpunktiert von 12 Fotomontagen.
Vorangestellt ist den Essays die „Anamnese“: Ein Text eines anonymen Autors, der in zehn Kapiteln schlaglichtartig die geistige und emotionale Entleerung in den „cartesischen Höllen“ einer Gesellschaft beschreibt, in der Menschen zu logistischen Objekten degradiert werden.
Fabian Scheidler: Die volle und die leere Welt. Essays und Bilder
BoD, Norderstedt, Dezember 2007. ISBN 978-3-8334-9743-8. 140 Seiten, Paperback. 12 €